Dresden Prohlis

Platte mit Herz (Deutschland, 2025)

bis 18:05
Reportage
  • Stereo
  • Breitwand-Format 16:9
  • Untertitel
  • HDTV
  • 20251122173500
VPS 17:35

Themen

    Details

    Dresden Prohlis gilt oft als Brennpunkt - doch wer genauer hinschaut, sieht ein Viertel, das nicht nur Probleme kennt, sondern auch Menschen, die zusammenhalten. Rund 17.000 Menschen leben in Prohlis, viele in DDR-Plattenbauten. Der Stadtteil war einst ein Vorzeigeprojekt. Heute kämpfen viele mit Arbeitslosigkeit, sozialer Ausgrenzung - und dem Gefühl, übersehen zu werden. Claudia Druschke ist selbständige Hausmeisterin. Eine, die gern anpackt. Abreißen, entrümpeln, schleppen. Sie bezeichnet sich als „Frau fürs Grobe“. Putzen gehört auch zu ihrer Arbeit, ist aber die Sache, die sie am wenigsten mag. Sie steht gegen fünf Uhr auf, trinkt ihren Kaffee und schaut dabei gerne eine Folge „Rote Rosen“. Dann geht es los. Häufig ist sie von früh morgens bis spätabends unterwegs. Wenn jemand Hilfe braucht, ist Claudia da: „Ich kann schwer Nein sagen“, sagt sie und man merkt, dass sie lieber erst anderen hilft, bevor sie an sich selbst denkt. Schon als Kind hat sie sich eher für „Jungskram“ interessiert. Als „Die Allrounderin“ probiert sie als Hausmeisterin vieles aus und kann das meiste ganz gut. „Ich wollte mich erst “Die Alleskönnerin„ nennen, aber das klingt so arrogant“. Pausen macht sie selten. Nicht weil sie es nicht braucht, sondern weil andere oft wichtiger sind und es immer was zu tun gibt. Aus den Wohnungsräumungen bleiben oft Möbel, Kleidung oder Haushaltsgeräte übrig. Vieles verschenkt sie an Menschen im Viertel, die wenig haben. Reich ist Claudia auch nicht, aber „Geld ist nicht alles im Leben“. Körperlich ist ihre Arbeit oft eine Herausforderung, aber sie klagt nicht und würde den Job auch nie aufgeben. „Ich arbeite hart, seitdem ich ein Kind bin. Ich würde verrückt werden, wenn ich nichts tue.“ Zweimal pro Woche steht sie nach Feierabend auf dem Fußballplatz und trainiert eine Jugendmannschaft. Viel Zeit für sich bleibt da nicht. „Wofür auch? Ich habe genug zu tun“, sagt sie. Im zweiten Stock einer großen Platte blickt Elisabeth auf den Balkon. Unten tobt der Alltag, drinnen ist es still. Der Umbau, der ihr einen barrierefreien Zugang zum Balkon verschaffen würde, wird seit Monaten blockiert. „Das wäre mein Fenster zur Welt“, sagt sie. Der für sie so wichtige Aufzug im Haus fällt häufiger aus, die Angst oben oder unten festzusitzen ist bei der Rentnerin groß. Ihre Wohnung ist nur teilweise barrierefrei, auch die bereits genehmigten Umbauten musste sie sich hart erkämpfen. Elisabeth lebt seit 1988 in Prohlis, sie kennt das Viertel vor und nach der Wende. Sie ist Witwe, Rollstuhlfahrerin und Kämpferin. Sie engagiert sich im neu gegründeten Stadtteilverein, spricht mit Nachbarn über ihre Rechte und wehrt sich im Auftrag aller gegen Mieterhöhungen. Vieles im Viertel hat sich verändert, nicht alles zum Guten: „Ich will niemandem was Böses, aber ich sage ganz klar, was hier geht und was nicht.“ Um zwei Uhr nachts beginnt Monte seinen Tag. Er steht auf, zieht sich an und macht sich auf den Weg, um Zeitungen auszutragen. Bis sieben Uhr müssen sie in den Briefkästen liegen. „Die Arbeit gibt mir etwas Struktur“, sagt er. Danach braucht er Ruhe, muss runterkommen. Das erste Bier, etwas zu rauchen, Fernsehen. Er lebt zwischen Gewohnheit und dem Wunsch nach Veränderung. Monte hat viel erlebt. Eine Kindheit voller Gewalt, frühe Sucht, zahlreiche Strafverfahren. Heute lebt er von Sozialleistungen, ist körperlich eingeschränkt. Am Mittag trifft er seine Freunde am Albert-Wolf-Platz. Für viele das Symbolbild der Probleme in Prohlis, für Monte ist es sein zweites Wohnzimmer. Er ist hier ein bekanntes Gesicht, für manche ist er Teil des Problems. Er sitzt am Brunnen mit seiner Freundin, den zwei Hunden und seiner Clique. „Wo sollen wir denn sonst hin?“, fragt er. Ab und zu fegt er Scherben zusammen, auch weil seine Hunde hier spielen. Er weiß, wie er wirkt. Doch er spricht offen über sein Leben, auch über seine Alkoholsucht. Gerade ist er mit Nicole in eine modernisierte Wohnung gezogen. Zwei Zimmer, sauber, die Chance auf einen Neuanfang. Nächstes Jahr wollen sie heiraten und hoffen auf ein gemeinsames Kind. Monte weiß, dass sich dafür etwas in seinem Leben ändern muss, bleibt aber trotzdem hoffnungsvoll: „Der gute Teil meines Lebens beginnt jetzt.“ Die ZDF.reportage begleitet Menschen in Prohlis durch ihren Alltag. Sie zeigt das Viertel aus ihrer Sicht - und lässt jene zu Wort kommen, die sonst selten gehört werden.

    Hinweis

    Personen

    von:Steven Melzer

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