Themen
Details
Sofort nach Hitlers Machtergreifung im März 1933 setzte die erste große Fluchtbewegung aus Deutschland ein. Künstler, Schriftsteller, Wissenschaftler, Journalisten, darunter viele aus Österreich, verlassen das Land in alle Richtungen. Weil sie Juden, politische Gegner des NS-Regimes oder beides waren. Sie flüchteten meist über die nahen Grenzen, nach Wien, Prag oder Paris. Die nächste Fluchtwelle setzte der Bürgerkrieg in Österreich im Februar 1934 in Gang, vor allem aus Wien, denn wer hier in einem engen Arbeitsverhältnis zur Sozialdemokratie gestanden war, hatte praktisch keine Chance mehr, Aufträge zu erhalten. Dazu kam die ständige Bedrohung durch den immer stärker werdenden aggressiven Antisemitismus, die „kalte“ Vertreibung von Juden aus staatlichen Positionen und der Aufschwung der illegalen Nationalsozialisten in Österreich. Die massenhafte Emigration von hoch angesehenen und international vernetzten Wissenschaftlern, Künstlern und Architekten war nicht mehr aufzuhalten.
1938, nach dem „Anschluss“ an das Deutsche Reich, wurden über 200.000 Juden in Österreich von einem Tag auf den anderen vogelfrei. Als die Vertreibung nicht schnell genug vor sich ging, sorgten die Novemberpogrome auf grausame Weise für zusätzlichen Druck. Jeder der die horrende Fluchtsteuer bezahlen und ein Aufnahmeland finden konnte, verließ so schnell wie möglich das Land. Wenn nicht anders möglich, illegal, was hoch riskant war. 150.000 schafften es, trotz schwierigster Bedingungen, denn keine Flüchtlingskonvention schützte sie, und die Quotenbestimmungen waren eng.
Der Film „Der Riss der Zeit“ erzählt von jenen, die die wissenschaftliche und kulturelle Elite Österreichs gebildet hatten und nun, oft unter großen Gefahren, zumeist für immer ins Exil gingen. Etwa 15.000 Menschen umfasste das kreative Potential, das durch ihren kulturellen und wissenschaftlichen Transfer ihren Asylländern einen enormen Aufschwung verschaffte, vor allem den USA, aber auch einigen Ländern Lateinamerikas. Helene Maimann hat dieser Vertreibung und ihren Folgen nachgespürt und darüber auch mit der Psychoanalytikern Elisabeth Brainin, dem Filmhistoriker Christian Cargnelli, dem Wissenschaftshistoriker Friedrich Stadler, der Kunsthistorikerin Sabine Plakolm und dem Soziologen Christian Fleck gesprochen.
Hinweis