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Der Dokumentarfilmregisseur Hans-Dieter Grabe erinnert sich des nicht nur für ihn besonderen und dramatischen Jahres 1945. Acht Jahre war er damals alt.
Für manche war der kommende Waffenstillstand undurchschaubarer und beunruhigender als der bisherige Krieg. Für viele aber wurde endlich der Frieden sichtbar.
In Erinnerungsfragmenten vermittelt der
Autor aus seiner Perspektive, wie er das Kriegsende erlebte.
Am 17. April kehrte überraschend der Vater des Autors, Oberst der Luftwaffe, von einem der Kriegsschauplätze zur Familie zurück. Wenig später trieben heulende Sirenen sie und die übrigen Hausbewohner in den Luftschutzkeller. Der längste aller bisherigen Luftangriffe auf Dresden begann. Eine Sprengbombe verfehlte nur um wenige Meter ihr Haus. Aber Brandbomben hatten es getroffen. Vergeblich versuchte der Vater, eine Feuerwehr anzuhalten. Aber die Familie war immerhin unverletzt, der Vater war da, und nur drei Häuser weiter fanden sie ein Unterkommen.
Grabes Eltern wussten nicht, was sie von einem bevorstehenden Waffenstillstand halten sollten. Das konnte er nicht verstehen. Die Waffen würden still stehen, und
Angst vor Bomben müsste das Kind nicht mehr haben. Kein Schuss fiel, als bald darauf die Rote
Armee in Dresden einmarschierte. Grabe erlebte die Angst der Erwachsenen vor den Russen. Aber er sah auch deren Erschöpfung. Ihre Gesänge gefielen ihm. Die Gärten rund um die Ruinen wurden für die Kinder zu Abenteuerspielplätzen. Gestohlene Früchte füllten ihre leeren Mägen.
Die Russen verschleppten Grabes Vater. Er und seine Mutter hofften, ihn hinter den Gittern Dresdner Gefängnisse zu entdecken. Nach vielen Wochen geschah das Wunder: Er wurde aus dem ehemaligen KZ Buchenwald, nun ein Speziallager der sowjetischen Geheimpolizei, aus Gesundheitsgründen entlassen. Derweil hatte Grabe von den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki erfahren. Ein einziges Flugzeug mit nur einer einzigen Bombe vermochte eine ganze Stadt zu zerstören. Was wäre wohl mit ihnen geschehen, wenn es keinen Waffenstillstand gegeben hätte?
Ein neues Schuljahr begann. Die junge Lehrerin schlug den Schülern nicht mehr mit einem langen Lineal auf die Finger. Grabe liebte sie. Und noch einer anderen jungen Frau galt seine kindliche Liebe, als sein Sommer ‘45 zu Ende ging - einer Seiltänzerin. Vom Turm der Hofkirche aus balancierte sie über die Elbe. Ihr zu Füßen Hans-Dieter Grabe und seine Eltern in einer dicht gedrängten Menschenmenge. Gebannt und atemlos blickten alle nach oben. Nicht aus Angst vor Bombenflugzeugen. Denn der Waffenstillstand hatte gehalten.
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