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Soziale Struktur und so gut wie nicht vorhandene Entwicklungsmöglichkeiten der Berg
arbeiter im Norden Englands. Film aus der ältesten Industrielandschaft der Welt. Zu hören ist u.a. ein Statement eines Gewerkschaftssprechers. Die Gewerkschaftsziele lauten: „Verstaatlichung, Übernahme der Produktionsmittel durch die Arbeiterklasse!“ Und die
Bergarbeiter wollten schon damals raus aus der EU!
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Im Norden Englands, in Yorkshire und in Lancashire begann einst das Maschinenzeitalter, die Industrialisierung.
Edmund Wolf beginnt seinen wunderbaren Film über die ersten und die letzten Arbeiter dort mit Aufnahmen von der Yorkshire Miners Gala im Jahr 1973. Bei diesem alljährigen Treffen der Bergarbeiter tritt auch Arthur Scargill auf, damals der Boss der Bergarbeitergewerkschaft von Yorkshire. Der zentrale Punkt in der Rede von Scargill ist die Forderung nach Verstaatlichung aller Produktionsmittel. Aber in diesen Siebzigerjahren fordert er ebenfalls schon: „Hinaus aus der Europäischen Gemeinschaft, wir wollen nichts damit zu tun haben!“ Daneben gibt es bei diesem Treffen in einem großen Park auch ein Konzert der berühmten Grimethorpe Colliery Band, einer Kapelle, deren Mitglieder alle Bergarbeiter sind. Einer von ihnen spielt dabei sogar ein Trompetensolo von Haydn. Wolf sagt: „Dieses alljährliche Treffen, die Yorkshire Miners Gala, verbindet auf die englischste Art den Charakter eines Familienfests mit extremem politischen Radikalismus.“ Auch wenn sich das Leben der britischen Arbeiterklasse zusehends verbürgerlicht, sind dort in den Siebzigerjahren alle noch von dem Bewusstsein erfüllt, zu einer Klasse, zur Arbeiterklasse zu gehören. Die Zechenstilllegungen haben freilich schon lange begonnen. Es gäbe neue Arbeitsplätze, aber nur dann, wenn man bereit wäre, umzuschulen und woanders hinzuziehen - wozu die Kumpels nicht bereit sind, sie wollen nicht länger herumgeschubst werden. Und dann gibt es diese Szene in einem Pub, wo eine Gruppe junger Musiker ein traditionelles Stück spielt und dazu einen alten rituellen Tanz aufführt. Wolf sagt dazu: „Auch hier mitten im Kohlerevier von Yorkshire haftet solchem Tanzen und Singen schon eine moderne Talmi-Qualität an. Und doch hängt an alledem noch die lebendige Erinnerung an ein Gruppenritual des englischen Arbeiterlebens und stehen dahinter noch die Schatten von Generationen von Volksmusikern … zu einem Leben aufspielend, das oft genug schwer erträglich war.“
In England gab es für die Arbeiterklasse kein größeres Trauma als die langjährige Depression und die Arbeitslosigkeit und den Hunger und das Elend in den gesamten Dreißigerjahren des 20. Jahrhunderts. Edmund Wolf sagt in seinem Film, in England glaubt jeder Arbeiter, „dass solche Jahre irgendwann wiederkommen werden. Darum kämpfen Gewerkschaften um die Erhaltung eines jeden Jobs und müssen mit dieser um jeden Preis defensiven Einstellung der britischen Industrie schaden - und dem britischen Arbeiter.“
Wolf lässt den Zuschauer erahnen, dass diese kämpfende, optimistische und singende Jugend im Pub wohl die letzte Generation von Arbeitern stellen wird, in dieser ältesten Industrieregion der Welt.
Die Grimethorpe Colliery Band ist die berühmteste all dieser Arbeiterblaskapellen und viele Jahre später in Deutschland durch den Film „Brassed Off“ bekannt geworden. Teile dieser Band spielen in diesem Film mit und die Musik der fiktiven Band im Film stammt in Wirklichkeit von ihr. Auch im Film von Edmund Wolf treffen sich all diese Arbeiter-Blaskapellen zu einem Wettbewerb. Alle spielen bei diesem Treffen dasselbe Stück, in diesem Fall eine Komposition des französischen Komponisten César Franck. Wenn die Grimethorpe Colliery Band hierbei den zweiten Platz belegen sollte, wäre das ihrer eigenen Einschätzung nach eine Schande für sie.
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